Gas tanken Foto: Uwe Steinbrich / pixelio.de |
Bioethanol
ist ein Multitalent: als Zusatz in der Lebensmittel- bzw.
Kosmetikindustrie wie auch mit hohem Potential als Kraftstoff. Im
Gegensatz zum fossilen Brennstoff Benzin ist Bioethanol aus
nachwachsenden Rohstoffen und senkt den CO2-Ausstoß. In Deutschland ist
der Trend zu Bioethanol jetzt angekommen. Seit dem 1. Januar 2007 müssen
deutsche Autofahrer Benzin mit einem durchschnittlichen Anteil von 1,2
Prozent Bioethanol tanken. Bis 2015 sollen es sogar 8 Prozent Biokraftstoffe
sein. Doch während das Geschäft mit dem Umweltkraftstoff in Deutschland
jetzt erst anläuft, haben Länder wie Brasilien und die USA diesen Weg
bereits früher eingeschlagen. Hauptproduzent USA fördert seit Jahren die
Ethanolproduktion aus Mais, Brasilien produziert Bioethanol mit
Zuckerrohr, während in Europa erst zögerlich Weizen, Roggen und
Zuckerrüben als Rohstoffe für Bioethanol Verwendung finden. Dr. Oliver
Henniges ist Bioethanol-Experte der Universität Hohenheim.
Führende Länder wie die USA und Brasilien haben Bioethanol als
Kraftstoff der Zukunft erkannt. Haben wir Deutsche diesen Trend
verschlafen?
DR. OLIVER HENNIGES: "So kann man das nicht sagen.
Bis vor wenigen Jahren hat die deutsche Politik einfach keinen
Handlungsbedarf gesehen. Öl war billig und abgesehen von einigen Krisen
ständig verfügbar. Doch der internationale Rohöl-Markt
hat sich verändert, die Benzinpreise steigen genauso wie die
Abhängigkeit von Energie produzierenden Ländern. In den letzten Jahren
hat eine Trendwende eingesetzt. Die Deutschen wollen unabhängiger vom Öl
werden. Vor allem der steigende Ölpreis führt zu einer lauter werdenden
Forderung nach Biokraftstoffen. Auch gesellschaftlich liegen Umwelt-
und Klimaschutz derzeitig offenbar im Trend. Gute Voraussetzungen für
Nutzung und Produktion von Bioethanol."
Der größte
Hersteller von Bioethanol sind zurzeit die USA, dicht gefolgt von
Brasilien. Wie sieht die derzeitige Entwicklung von Bioethanol in
Deutschland aus? Sind wir konkurrenzfähig?
HENNIGES:
"Auf dem internationalen Markt hat Deutschland derzeit keine Chance. Im
Durchschnitt kostet die Herstellung von Bioethanol in Deutschland mit 45
Euro/hl fast dreimal soviel wie in Brasilien. Das liegt unter anderem
an den vorteilhaften klimatischen und ökonomischen Rahmenbedingungen des
Landes, nicht zu vergessen, dass Brasilien in der Bioethanol-Produktion
mit einer 30jährigen Erfahrung trumpfen kann."
Wäre es dann nicht ökonomischer, Bioethanol zu importieren, statt selbst herzustellen?
HENNIGES: "Eigentlich ist Bioethanol aus Zuckerrohr in
Hinblick auf die CO2-Reduktion sogar umweltfreundlicher als die
europäische Variante. Die Vorteile von Bioethanol haben aber nicht nur
mit dem Umweltaspekt zu tun - auch der deutsche Arbeitsmarkt könnte
erheblich davon profitieren. Für die Landwirtschaft wäre das eine
einmalige Chance. Viele Bauern produzieren schon in erheblichem Umfang
Pflanzen für die Energieproduktion, da sie mit der herkömmlichen
Nahrungsmittel-Produktion weniger verdienen. Durch den Ausbau der
Bioenergie-Produktion steigt die Nachfrage nach landwirtschaftlichen
Produkten wie z.B. Zuckerrüben und Weizen für die Produktion von
Bioethanol. Vielleicht können die Landwirte langfristig ihre Ware zu
einem besseren Preis verkaufen und müssten nicht ausschließlich auf
EU-Gelder hoffen. Diese Hoffnung haben viele Bauern. Für die Produktion
des Pflanzenkraftstoffes im eigenen Land sind ebenfalls viele
Wirtschaftszweige betroffen. Das schafft Arbeitsplätze und wirkt sich
letztlich auf den Staatshaushalt aus. Wir hätten im Prinzip alle etwas
davon. Es darf aber nicht übersehen werden, dass der Verbraucher
zukünftig mehr an der Tankstelle bezahlen muss! Aber bei der hohen
Besteuerung von Kraftstoffen in Deutschland fällt das kaum ins Gewicht."
Schützenhilfe
bekommt der neue Kraftstoff aus der Politik: Seit dem 1. Januar 2007
müssen Benzin oder Diesel einen gewissen Prozentsatz an Bioethanol oder
Biodiesel enthalten. Ist das ein Weg?
HENNIGES:
"Unter den beiden Voraussetzungen, dass Biokraftstoffe politisch und
gesellschaftlich erwünscht sind und dass auf eine Steuerbefreiung
verzichtet wird, ist es eine notwendige Maßnahme. Ohne diese Regelung
hätte Bioethanol als alternativer Rohstoff auf dem deutschen Markt keine
Chance, weil sich einerseits die Benzin-Hersteller gegen Biokraftstoffe
wehren und andererseits der Verbraucher wegen der hohen Kosten das
billigere Benzin tanken würde."
Gleichzeitig ist jedoch die Besteuerung für Bioethanol weggefallen. Ist das nicht ein Widerspruch?
HENNIGES: "Die Ökosteuer für Bioethanol ist schlicht
widersinnig und zeigt, das politische Aussagen nur eine kurze
Halbwertszeit haben. Ein Liter Bioethanol hat nur zwei Drittel des
Energiegehalts von einem Liter Benzin - trotzdem zahlen Sie für beides
den gleichen Steuersatz. Das heißt, steuerlich wird Bioethanol sogar
bestraft. Wenn die Ökosteuer eine politische Lenkungswirkung haben soll,
darf sie nicht auf Biokraftstoffe angewendet werden! Aber die Ökosteuer
ist offensichtlich mehr "Steuer" als "Öko"!"
Die
Beimischungsquote für Biokraftstoffe steigt bis 2015 auf 8 Prozent an.
Könnten wir den steigenden Bioethanol-Bedarf durch heimischen Anbau
decken, ohne auf den konventionellen Ackerbau zu verzichten?
HENNIGES: "Auf den Nahrungsmittelanbau müssen wir nicht
verzichten. 2015 könnten schätzungsweise drei Milliarden Liter
Bioethanol in die Tanks der Autos fließen, wenn die gesetzlichen
Vorgaben eingehalten werden. Theoretisch könnte der deutsche Agrarsektor
die benötigten Getreide- oder Rübenmengen aufbringen. Das könnte in der
Tendenz zu höheren Getreidepreisen führen - was Getreide-Produzenten
hilft, dafür aber die Tiermast verteuert. Allerdings könnten
stillgelegte Flächen nutzbar gemacht und auf subventionierten Export
verzichtet werden. Ich gehe aber davon aus, dass der Bedarf an
Bioethanol nicht allein aus der Produktion durch heimische Rohstoffe
kommt."
Das bedeutet Importe vor allem aus den Tropen.
Umweltschützer sehen in dem steigenden Bedarf von Biokraftstoffen den
Grund für die Zerstörung des brasilianischen Regenwaldes. Wie sehen Sie
diese Behauptung?
HENNIGES: "Diese Gefahr sehe ich
nicht. Zuckerrohr wächst nicht in den Gebieten des Regenwaldes sondern
weiter südlich, vor allem in der Region um Sao Paulo. Möglicherweise
gibt es eine Verschiebung der Anbauflächen nach Norden, die aber nur
bedingt mit dem Zuckerrohr-Anbau zu tun hat. Es ist zu einfach,
umweltpolitische Probleme Brasiliens einseitig der Bioethanol-Produktion
anzulasten. Natürlich sind Politiker Brasiliens gefordert, dem Abholzen
des Regenwaldes entgegenzuwirken. Das schafft man aber nicht, indem man
die Bioethanol-Produktion verbietet!"
Wie sieht die Zukunft der Bioethanol-Produktion in Deutschland aus?
DR. OLIVER HENNIGES: "Die Nachfrage nach Bioethanol ist durch die neue
Gesetzgebung bis zu einem bestimmten Ausmaß gesetzlich gesichert. Die
Wettbewerbsfähigkeit der Bioethanolproduktion jedoch in Deutschland wird
zum größten Teil vom stets unsicheren Rohölpreis abhängen. Wer
behauptet, er könne den Ölpreis vorhersagen, muss sich allerdings die
Frage gefallen lassen, warum er noch arbeitet!" (sfr/idw-online)
Artikel erschienen am 30.01.2007 in Epoch Times Deutschland
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