Foto: Stephanie Hofschlaeger / Pixelio |
Leihen Sie einem flüchtigen Bekannten einen kleinen Geldbetrag? Gehen
Sie ganz unbefangen mit Fremden um, die Sie nach dem Weg fragen? Wenn
ja, dann gehören Sie zu den Menschen, die grundlegendes Vertrauen
in ihre Mitmenschen haben. Diese Art von Vertrauen gilt
Sozialwissenschaftlern und Ökonomen als besonders wertvolle Ressource
für ein florierendes Gemeinwesen. Ein deutsch-britisches Forscherteam
unter Federführung der Jacobs University Bremen und der Leuphana Universität Lüneburg hat in einer mehr als 50 Länder umfassenden Studie untersucht, wo dieser Wesenszug am weitesten verbreitet ist.
Ein Resultat: Westdeutsche vertrauen mehr als Ostdeutsche. In Asien
gibt es dagegen viel weniger generelles Vertrauen als bislang
angenommen.
Keine Ursachenforschung
Das Forscherteam hat Umfragedaten der Welt-Werte-Studie
mit mehr als 60.000 Befragten ausgewertet. Dabei ist es ihnen gelungen,
generelles Vertrauen erstmals so zu messen, dass es wirklich über
Länder und Kulturen hinweg vergleichbar ist. Am meisten Vertrauen haben
der Studie zufolge die Schweden, Schweizer und Norweger, am wenigsten
die Menschen in der Türkei, Ruanda und Trinidad & Tobago.
Deutschland liegt auf Platz 7 (alte Bundesländer) bzw. 11 (neue
Bundesländer). Allgemein gesprochen ist generelles Vertrauen in reichen
westlichen Gesellschaften höher als in ärmeren, nicht-westlichen
Ländern.
Vertrauen wird schon seit Jahrzehnten in Umfragen gemessen mit der
Frage: Kann man den meisten Menschen vertrauen? Allerdings wusste man
bisher nicht, wen sich die Befragten unter „meiste Menschen" vorstellen.
„Der Clou unserer Studie ist, dass wir erstmals konkret diesen Radius
des Vertrauens bestimmen konnten", erläutert Professor Dr. Jan Delhey
von der Jacobs University Bremen. „Dies war möglich durch zusätzliche
Fragen, die genauer erkunden, wie sehr die Befragten einerseits
Familienmitgliedern und Freunden vertrauen, andererseits Menschen
anderer Religion und Nationalität. Bringt man diese neuen Informationen
mit der altbewährten Vertrauensfrage in 'die meisten Menschen' in
Verbindung, kann man den Radius des Vertrauens abschätzen."
Geringes Vertrauen in Asien
Es zeigte sich tatsächlich, dass dieser Radius von Land zu Land stark
variiert: „Insbesondere Asiaten haben einen engen Vertrauensradius,
allen voran Südkoreaner, Thailänder und Chinesen", fasst Professor Dr.
Christian Welzel von der Leuphana Universität Lüneburg eines der
Hauptergebnisse der Studie zusammen. „Ihr Vertrauen beschränkt sich
überwiegend auf Familie und Freunde." In Asien gibt es also viel weniger
generelles Vertrauen, als bisher angenommen. Die meisten westlichen
Gesellschaften haben dagegen einen relativ weiten Vertrauensradius.
Die Forscher konnten zudem zeigen, dass der gesellschaftliche Nutzen,
den Vertrauen stiftet, stark vom Vertrauensradius abhängt: In Ländern
mit einem weiten Radius engagieren sich die Menschen stärker in
Vereinen, haben mehr Toleranz und unterstützen stärker demokratische Prinzipien. (sfr / idw-online)
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