Sonntag, 13. Oktober 2013

Vorsicht! Rutschgefahr für Insekten

Rutschender Kartoffelkäfer. Foto: Plant Biomechanics Group Freiburg
Käfer, Kakerlaken und Ameisen werden es in Zukunft schwer haben, wenn sie sich in Häusern oder Klimaanlagen einnisten wollen – dank der unbegehbaren Oberflächen, die die Freiburger Biologen Prof. Dr. Thomas Speck, Dr. Bettina Prüm und Dr. Holger Bohn zusammen mit der Plant Biomechanics Group der Albert-Ludwigs-Universität nach pflanzlichen Vorbildern entwickeln. Das Team untersuchte Oberflächen von Pflanzenblättern, um herauszufinden, wie sich Zellform und Mikrostruktur sowie die Oberflächenchemie auf das Haftverhalten von Insekten auswirken.

Die Forscher stellten Lauf-Haftkraft-Experimente mit Kartoffelkäfern auf unterschiedlich strukturierten Pflanzenoberflächen und auf deren Nachbildungen aus Kunstharzen an. Mit einem hochsensiblen Sensor maß das Team die Kraft, die der Käfer beim Laufen auf verschiedenen Oberflächen aufbringt. 
 
Das Ergebnis: 
Wellige oder stark gewölbte Zellen können die Haftfähigkeit von Käfern verstärken, während Mikrostrukturen aus Wachskristallen oder Kutikularfalten die Haftfähigkeit verringern. Letztere sind kleine Falten in der Kutikula, einer polyesterähnlichen Schutzschicht auf der Blattaußenhaut. Am schlechtesten liefen die Käfer auf Oberflächen mit Kutikularfalten, die etwa 0,5 Mikrometer hoch und breit und in einem Abstand zwischen 0,5 und 1,5 Mikrometern angeordnet waren. „Das ist die perfekte Anti-Haft-Oberfläche. Hier rutschen die Insekten viel stärker ab als auf Glas“, sagt Projektleiter Thomas Speck. Diese Ergebnisse haben Speck und sein Team in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsjournals „Acta Biomaterialia“ veröffentlicht. 
 
Wozu ist dies Forschung nütze? 
 
Die unbegehbaren Oberflächen könnten zukünftig Belüftungsrohre von Klimaanlagen auskleiden, in denen sich Kakerlaken und andere Insekten tummeln. Ebenso könnten die Oberflächen an Hausfassaden und Fenstersimsen angebracht werden, um zu verhindern, dass überwiegend laufenden Schad-Insekten eindringen und an Nahrungsmittel und Medikamente gehen. „Gerade in den Tropen ist dieser Aspekt besonders wichtig“, sagt Speck.

„Die künstlichen Oberflächen wollen wir zudem schaltbar machen, sodass diese sich zum Beispiel dehnen oder schrumpfen und so an verschiedene Insekten-Gruppen und deren Haarstruktur angepasst werden können“, erläutert Speck. (sfr/idw-online)


Originalveröffentlichung:
B. Prüm, R. Seidel, H.F. Bohn, S. Rubach & T. Speck (2013): Microscopical surface roughness: a relevant factor for slipperiness of plant surfaces with cuticular folds and their replica. – Acta Biomaterialia, 9: 6360 – 6368.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen