Warnschuss-Arrest darf kein Abenteuerland für jugendliche Gewalttäter werden. Foto: Rike / Pixelio |
Der Koalitionsausschuss der deutschen Bundesregierung hat den Warnschuss-Arrest beschlossen. Zu einer Bewährungsstrafe verurteilte Jugendliche sollen kurzzeitig in Haft genommen werden, um sie von weiteren Gewalttaten abzuschrecken.
Auf dem 3. EFCAP-Kongress in Berlin beschäftigten sich 400 Experten aus 30 Ländern mit der Entstehung von jugendlicher Gewalt und der Frage, wie man ihr am besten begegnen kann. Dass der sogenannte Warnschuss-Arrest dabei das beste Mittel sei, zogen viele Wissenschaftler in Zweifel.
Helden und Märtyrer?
„Dass jugendliche Straftäter sich durch scheinbar harte Strafen von weiteren Delikten abschrecken lassen, ist empirisch nicht belegt", sagt Kongresspräsident Prof. Dr. Jörg M. Fegert, Ärztlicher Direktor der Ulmer Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie. „Von ihrer Umgebung werden Jugendliche, die durch den sogenannten Warnschuss-Arrest kurzzeitig inhaftiert werden, sogar eher als Helden oder Märtyrer gefeiert. Wir sollten nicht versuchen, jugendliche Gewalttäter mit den falschen Mitteln zu erschrecken, sondern ihnen aus der Gewaltspirale herauszuhelfen."
Der EFCAP-Kongress (European Association für Forensic Child and Adolescent Psychiatry, Psychology and other involved Professions zeigte, dass die Frage nach Strafe oder Therapie in vielen Ländern gestellt und unterschiedlich beantwortet wird. So berichtete die Präsidentin des Royal College of Psychiatrists, Professor Sue Bailey, dass nach einer Gesetzesänderung in Großbritannien die Zahl der Arrest-Plätze für Kinder und Jugendliche um ein Drittel reduziert worden sei. Die Rückfallquote jugendlicher Straftäter sei daraufhin ebenfalls um ein Drittel gesunken. (Wenn ein Drittel weniger eingesperrt wird, ist es doch logisch, dass ein Drittel weniger rückfällig wird? sfr)
Gewaltfreier Alltag als Ziel
„Für jugendliche Gewalttäter ist ein kurzer Gefängnis-Aufenthalt nicht zwingend eine harte Strafe", erklärt Professor Fegert, dessen Klinik international sowohl für Opferforschung wie forensische Forschung und Lehre bekannt ist. „Ein härterer, aber nachgewiesenermaßen erfolgreicher Weg ist, die Jugendlichen über einen langen Zeitraum in ihren Familien z.B. mit der ‚multisystemischen Familientherapie' zu behandeln. Hier müssen sie und ihre Familien sich der Realität stellen, die häufig insgesamt von Gewalt geprägt ist, und einen unspektakulären Weg in einen gewaltfreien Alltag finden", so Fegert.
Die Beschäftigung mit hochauffälligen Jugendlichen ist von einem Randgebiet zu einem zentralen Thema der gerichtspsychiatrischen Forschung geworden. „Die Teilnehmerzahl unseres Kongresses hat sich verdoppelt, es sind viele junge Wissenschaftler gekommen, die wichtige Forschungsprojekte vorgestellt haben. Weltweit stellen sich Gesellschaften die Frage nach ihrem Umgang mit jugendlichen Gewalttätern, die Antworten auf diese Frage sollten wissenschaftlich fundiert sein. Daran arbeiten alle, die am EFCAP-Kongress teilnahmen", bilanziert Kongresspräsident Fegert. (sfr/Schultze - UK Ulm)
Artikel erschienen am 13.03.2012 in Epoch Times Deutschland
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