Dienstag, 17. Dezember 2013

Friedliche Katastrophe: Wenn der Strom ausfällt …

Foto: Guenter Hamich/pixelio.de
Stromausfälle in Europa und Nordamerika haben in den letzten Jahren einen nachhaltigen Eindruck von der Verletzbarkeit moderner Gesellschaften gegeben. Verantwortliche in Politik und Wirtschaft und jeder Einzelne sind angesichts des Horrorszenarios Stromausfall zur Vorsorge gedrängt.

Strom ist allgegenwärtig: Telefon, Kühlschrank und Licht funktionieren nur dank ständiger Energiezufuhr. Wir sind angewiesen auf eine unterbrechungsfreie Stromversorgung für Ampeln, U-Bahnen und Wasserwerke, Krankenhäuser, Computer und Industrieproduktion. Welche katastrophalen Folgen ein großflächiger und langandauernder Stromausfall hätte, zeigen KIT-Forscher in ihrer neuesten Studie.

„In den letzten Jahren haben Stromausfälle in Europa und Nordamerika einen nachhaltigen Eindruck von der Verletzbarkeit moderner Gesellschaften gegeben", erläutert Studienleiter Thomas Petermann vom Karlsruher Institut für Technologie die Ausgangslage. So wurde aufgrund eines Stromausfalls im kanadischen Ontario im August 2003 für eine Woche der Notstand ausgerufen. Im Münsterland war im November 2005 eine viertel Million Menschen bis zu sieben Tage vom Stromnetz abgeschnitten. Damit einher gingen der Ausfall von Haushaltstechnik wie Telefon, Heizung und Fernsehen sowie Versorgungsengpässe bei Nahrung und Wasser.

Obwohl die Unterbrechung der Stromversorgung allenfalls einige Tage andauerte und begrenzt auftrat, zeigten sich massive Funktions- und Versorgungsstörungen, Gefährdungen der öffentlichen Ordnung sowie Schäden und Produktionsausfälle in Milliardenhöhe. Bei einem großflächigen und länger andauernden Stromausfall wäre eine Potenzierung dieser Effekte mit dramatischen Konsequenzen zu erwarten.

„Eine detailierte, systematische Analyse der Folgen haben wir nun vorgelegt", sagt Petermann, der stellvertretend auch das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag leitet. „Wir haben untersucht, wie sich ein langandauernder und großflächiger Stromausfall auf die Gesellschaft und ihre kritischen Infrastrukturen auswirken könnte und wie Deutschland auf eine solche Großschadenslage vorbereitet ist."

Im Ernstfall würde laut Studie bereits nach wenigen Tagen im betroffenen Gebiet die bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen zusammenbrechen. Ein Stromausfall würde die sofortige Unterbrechung der Kommunikation via Telefon und Fernsehen bedeuten, die Produktion in Betrieben läge still. Wenn nach einigen Stunden auch die Batterien leer sind und die Notstromaggregate keinen Kraftstoff mehr hätten, wären auch Handys unbrauchbar und in Krankenhäuser die Intensiv- und Dialysestationen kaum noch zu betreiben.

Die öffentliche Sicherheit wäre bei Stromausfall ernstlich gefährdet, der grundgesetzlich verankerten Schutzpflicht für Leib und Leben seiner Bürger kann der Staat nicht mehr gerecht werden. Die Wahrscheinlichkeit eines langandauernden und das Gebiet mehrerer Bundesländer betreffenden Stromausfalls mag gering sein. Träte dieser Fall aber ein, kämen die dadurch ausgelösten Folgen einer nationalen Katastrophe gleich. Diese wäre selbst durch eine Mobilisierung aller internen und externen Kräfte und Ressourcen nicht beherrschbar, allenfalls zu mildern.

Weitere Anstrengungen sind deshalb auf allen Ebenen erforderlich, um die Durchhaltefähigkeit der kritischen Infrastrukturen kurz- und mittelfristig zu erhöhen sowie die Kapazitäten des Katastrophenmanagements weiter zu optimieren. Der Stromausfall als ein Paradebeispiel für Schadenswirkungen, die sich kaskadenförmig fortpflanzen, sollte deshalb auf der Agenda der Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft weiterhin hohe Priorität haben, auch um die Sensibilität für diese Thematik in Wirtschaft und Bevölkerung zu erhöhen. (sfr / idw-Landgraf-KIT)

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