Sonntag, 1. Dezember 2013

Nemo ist keine Geschenk für Kinder!

Thommy Weiss/pixelio.de

Die Geschichte des jungen Clownfisch Nemo, der rund um das Great Barrier Reef vor der Küste Australiens die wildesten Abenteuer erlebt, obwohl er seit seiner Geburt eine lahme Flosse hat. Nemo wird an seinem ersten Schultag auf dem Weg zur Schule von einem Wochenend-Taucher entführt. Sein Vater begibt sich auf die gefährliche Suche nach ihm. Dies ist der Startschuss zu einer faszinierenden Reise durch die Unterwasserwelt, in der auch der Spaß-verliebte Zuschauer ganz beiläufig so einiges über Naturzusammenhänge und Umweltverschmutuzung lernt.

Mit Hilfe einer verrückten Gang von tropischen Fischen kommt der kleine Nemo schließlich frei - durch den Abfluss des Waschbeckens einer Zahnarztpraxis. Dies sollte aber niemand mit seinen Fischen nachmachen.

Film und Wirklichkeit

"In Wirklichkeit haben tropische Meeresfische in der Kanalisation keine Überlebenschancen", erklärt Roland Melisch vom WWF Deutschland. Ganz im Gegenteil: "Wer seinen Zierfisch daheim die Toilette herunterspült, schenkt ihm nicht die Freiheit, sondern schickt ihn in den sicheren Tod." In Amerika, wo der Film im Sommer 2003 bereits mit Erfolg gelaufen war, traten laut Nachrichtensender CNN reihenweise Kinder an die heimische Kloschüssel, um ihre Zierfische mittels Spülung dem berühmten Clownfisch aus dem Kino folgen zu lassen.



Besorgte Anrufe amerikanischer Eltern bei Klärwerken überall in den Vereinigten Staaten seien die Folge gewesen. Die wollten wissen, ob man das geliebte Haustier noch retten kann, nachdem es in den Tiefen der Kanalisation verschwunden ist. "Leider nicht", lautet die Antwort aller Experten. Roland Melisch vom WWF erklärt: "Fische haben sehr empfindliche Organe für die Orientierung unter Wasser. Diese werden durch den hohen Druck beim Abgang im Klorohr verletzt. Die Folge wäre der Verlust jeder Orientierung."

Doch selbst wenn manche Fische heil in der Kanalisation ankämen, wäre ihr Überleben keineswegs gesichert. Viele Zierfische brauchen nämlich warmes Wasser. Mit den niedrigen Temperaturen im deutschen Abwassersystem kommen sie nicht zurecht. Ihnen fehlt dort nicht nur die Nahrungsgrundlage, sondern es drohen zusätzliche Gefahren in Form von hungrigen Ratten oder Schadstoffen im Wasser. 

K.o. im Klärwerk

WWF-Experte Melisch weiß aber, dass exotische Zierfisch-Populationen schon vereinzelt im Bereich höherer Wasser-Temperaturen im Kühlwasser-Auslauf von Kraftwerken und Industriebetrieben gesichtet wurden: "Diese kommen jedoch von skrupellosen Aquarianern, die ihrer Fische überdrüssig wurden und sie direkt dorthin kippten. Damit bedrohen sie die heimische Gewässer-Fauna. Ein Fisch hingegen, der aus der Kanalisation kommt, überlebt vielleicht noch irgendwie im Abwasser, hat aber im Klärwerk selbst keine Chance." 


Wenn nicht schon durch Grob- und Feinrechen zerlegt, wartet spätestens in den biologischen und chemischen Abbauprozessen der Tod. Ein Ende als Klärschwamm auf der Abfalldeponie? Das wünscht sich kein Kinofan für seine Haustiere daheim im Aquarium. Und deshalb appelliert der WWF an alle, die sich von "Findet Nemo" verzaubern lassen, dem Beispiel auf der Leinwand nicht zu folgen. "Exotische Zierfische gehören nicht ins Klo", sagt Roland Melisch im Hinblick auf gut gemeinte Befreiungsaktionen. 

Nemo bitte nicht verschenken

Und auch nicht unter dem Christbaum. In amerikanischen Zoohandlungen erlebten Nemo und seine Artgenossen einen Boom. Dort hatte ein gewaltiger Run auf die Protagonisten aus dem Erfolgsfilm eingesetzt.


Roland Melisch vom WWF kann vor diesem Trend nur warnen: "Die Haltung von exotischen Fischen in Aquarien bedeutet in der Regel eine große Verantwortung, der Kinder nicht zwangsläufig gewachsen sind. Das gilt umso mehr bei Fischen, die aus dem Meer stammen." Marine Zierfische und andere Meeresorganismen zu halten, ist extrem schwierig. 

Um Paragraph 2 des Tierschutzgesetzes gerecht zu werden, der verlangt, dass der Halter eines Tieres "über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen" muss, sollte unbedingt ein sogenannter Sachkundenachweis erworben werden.

Auch der Handel mit den Bewohnern bunter Korallenriffe sei problematisch: "Meerwasser-Fische stammen meistens aus der Wildnis, manche Arten werden sogar als bedroht eingestuft. Für jeden verantwortungsvollen Aquarianer gilt: Finger weg von Meerwasser-Fischen, wenn die Herkunft nicht nach den Kriterien des Marine Aquarium Council (MAC) zertifiziert ist."

Im Gegensatz zur Meerwasser-Aquaristik handelt es sich bei der Süßwasser-Aquaristik um ein weniger bedenkliches Freizeitvergnügen, da Süßwasser-Fische häufig aus Zuchten stammen. Kaufen sollte man in jedem Fall nur bei fachlich qualifizierten, seriösen Händlern.

Artikel erschienen am 04.03.2007 in Epoch Times Deutschland          

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