Psychoaktive Botenstoffe aus dem Fettgewebe setzen dem Herz ganz schön zu. Foto: Gerd Altmann/Shape:photoshopgraphics.com / Pixelio |
Fettgewebe, vor allem Bauchfett, ist nicht nur entsprechend dem heutigen Geschmack häßlich, nein, es ist äußerst gesundheitsabträglich. Es ist nicht nur ein Energiespeicher für schlechte Tage sondern äußerst aktiv. Das Fettgewebe, vor allem am Bauch, produziert eifrig Hormone und Botenstoffe. Diese mit den psychoaktiven Substanzen der Cannabis-Pflanze verwandten körpereigenen Botenstoffe - die Endo-cannabinoide - wirken nicht nur im Hirn, sie begünstigen die Entwicklung von Herzinfarkten. Zu diesem Schluss gelangt eine vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützte Studie.
Übergewicht wird in den Industrieländern zunehmend zur Volkskrankheit. Heute schon schleppt knapp ein Drittel der Menschen zu viele Kilos mit sich herum, Tendenz steigend. Wenn sich diese Menschen auch noch wenig bewegen und beruflich unter starkem Stress stehen, steigt ihr Risiko für einen Herzinfarkt zunehmend.
Forschende und Ärzte um Thomas Schindler vom Universitätsspital Genf (UHG) förderten nun die molekularen Grundlagen dieses Zusammenhangs zu Tage: Die Hauptrolle spielen dabei das Fettgewebe - und die Botenstoffe, die es unter Stress vermehrt freisetzt.
Forschende und Ärzte um Thomas Schindler vom Universitätsspital Genf (UHG) förderten nun die molekularen Grundlagen dieses Zusammenhangs zu Tage: Die Hauptrolle spielen dabei das Fettgewebe - und die Botenstoffe, die es unter Stress vermehrt freisetzt.
Beschränkter Blutfluss
Diese Hormone heissen Endocannabinoide. Sie gleichen chemisch gesehen den psychoaktiven Substanzen der Cannabis-Pflanze und docken an die gleichen Schaltstellen oder Rezeptoren an, die es nicht nur im Hirn, sondern auch an den Wänden der Blutgefäße gibt. In den Herzkranzgefäßen beschränken sie die Elastizität der Wände, vermindern so die funktionelle Weitstellung und somit den maximalen Blutfluss in den Herzmuskel.
Je grösser das auf die Körpergröße bezogene Gewicht, der sogenannte Body-Mass-Index BMI, desto höher waren die im Blut gemessenen Endocannabinoid-Spiegel und desto niedriger war der maximale Blutfluss ins Herz. "Eine verminderte funktionelle Weitstellung der Herzgefäße wird als eine Vorstufe zur Entwicklung einer koronaren Herzerkrankung gesehen, die zu einem Herzinfarkt oder im schlimmsten Fall zum Herztod führen kann", sagt Schindler. Zu empfehlen sei deshalb, was diese Wirkungskette unterbrechen könne: regelmässige Bewegung, welche die Fettpolster verkleinere und weniger Stress im Alltag, was die Endocannaboid-Freisetzung reduziere.
Neue Medikamente dringend nötig
Ausserdem biete der nun aufgedeckte Wirkmechanismus einen möglichen Ansatzpunkt für neue herzschützende Medikamente, sagt Schindler. Nun könne man nach Substanzen suchen, welche die negativen Wirkungen der Endocannabinoide an der Gefässwand neutralisieren könnten. "Weil ungefähr 60 Prozent der Personen mit einer koronaren Herzerkrankung trotz optimaler präventiver Therapie schliesslich einen Herzinfarkt erleiden, sind neue Medikamente dringend nötig", sagt Schindler. (sfr/Schindler-HUG)
Weitere Informationen:
Alessandra Quercioli, Zoltan Pataky, Fabrizio Montecucco, Sebastian Carballo, Aurélien Thomas, Christian Staub, Vincenzo Di Marzo, Gabriella Vincenti, Giuseppe Ambrosio, Osman Ratib, Alain Golay, François Mach, Elisabetta Harsch and Thomas H. Schindler (2012). Coronary Vasomotor Control in Obesity and Morbid Obesity. (als PDF beim SNF erhältlich; E-Mail: com@snf.ch)
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